In den 60er Jahren eroberten die Supermächte den Weltraum. Das Bild der Hündin Laika in der engen Raumkapsel brannte sich ins kollektive Bildgedächtnis und die Mondlandung 1969 war ein Ereignis, welches die ganze (Fernseh-)Welt erstmals vor dem Bildschirm verfolgte.
Die Eroberung des Weltalls und die ersten Bilder unseres Planeten lösten den so genannten Sputnik-Schock aus. Der Traum, die Erde zu verlassen wurde plötzlich real. Yves Kleins patentiertes Blau oder sein berühmter Sprung ins Leere sind künstlerische Umsetzungen dieses Gefühls.
Für jene, die in den 60ern geboren wurden, ist all dies nurmehr eine vage Kindheitserinnerung. Satelliten, Raumkapseln, Astronauten verweben sich mit Weihnachtsfesten, schweren Vorhängen, Küssen von Tanten, Möbel-Pfister-Buffets. Letzteres hundertfach festgehalten in den Familienfotoalben. Hier stellt sich die Frage, an was wir uns eigentlich erinnern, an die Fotos und die Geschichten, die uns dazu erzählt wurden, oder an die tatsächlich erlebte Vergangenheit. Die Antwort liegt wohl im vagen Zwischenbereich einer ohnehin grösstenteils konstruierten Erinnerung.
Elisabeth Nembrini beschäftigt sich schon länger mit den Fotoalben ihrer Familie. Im White Space präsentiert die Künstlerin erstmals ihr Tafelsilber. Der Ausstellungstitel spielt einerseits auf den Familienschatz an, der nur bei besonderen Anlässen auf die Tafel gelangt, andererseits erfahren durch Versilberung profane Gegenstände eine Wertsteigerung.
Die Künstlerin baute zwei Archivschränke so um, dass sie zugleich zum Ort der Präsentation, wie auch der Aufbewahrung ihrer Arbeiten werden. Doch die für immer fixierte Vergangenheit der Familienfotos scheint sich auf den archivierten Glasscheiben aufzulösen. Schemenhaft tauchen Bruchstücke aus dem weissen Nichts auf, eingeritzt in die dünn aufgetragene Dispersion. Flüchtig wie die Erinnerung. Zwischen den Familienbildern hängen Astronauten und andere Motive, die Elisabeth Nembrini beschäftigen. Das Archiv ist offen, wird sich laufend verändern, wird immer Vergangenheit und Gegenwart ihres Schaffensprozesses beherbergen.
Nicht auf einen Blick fassbar sind auch die Animationen der Künstlerin. Ein einziges Foto hundertfach kopiert, nur leicht in der Farbe oder Helligkeit verändert und filmisch aneinandergereiht beginnt zu pulsieren, ein Fuchs taucht auf, eine Familie wird weggeweht.
Urs Küenzi, White Space, Raum für aktuelle Kunst, Zürich.